Statement von Julia Retzlaff, naturschutzplotische Sprecherin, zur Aktuellen Stunde – Realistische Wolfspolitik statt Populismus!

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Rede im Wortlaut

„Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere niedersächsische Wolfspolitik hat ein regional differenziertes Bestandsmanagement zum Ziel. Die Schafhaltung auf Niedersachsens Deichen ist existenziell für den Küsten- und Hochwasserschutz, ist in der Lüneburger Heide und anderen Naturparken integraler Bestandteil des Natur- und Landschaftsschutzes. Im Sinne des Tierwohls und des Erhalts des Landschaftsbildes ist die Weidetierhaltung die wertvollste Form der Tierhaltung.

Sie hat für uns hohe Priorität, und es gilt, sie zu fördern und zu schützen. Für einen besseren Schutz vor Wolfsrissen braucht es in Europa aber andere Regelungen als bisher. Es muss möglich werden, innerhalb Deutschlands in einzelnen Regionen festzustellen, dass es genügend Wolfsrudel gibt. Dann muss im Fall von wiederkehrenden Rissen ein Wolfsmanagement greifen können, mit dem der Bestand über die Entnahme einzelner Problemwölfe hinaus gemanagt werden kann. Daran arbeitet Niedersachsen seit Jahren: zuletzt ‑ das möchte ich ausdrücklich betonen ‑ unser ehemaliger Umweltminister Olaf Lies und jetzt Umweltminister Christian Meyer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie hatten im Februar-Plenum gefordert, dass die Landesregierung die Attestierung des günstigen Erhaltungszustandes der Wolfspopulation beim Bundesumweltministerium erwirken solle. Genau das macht unser Umweltminister, und ich bin mir sicher, dass er Ihre Aufforderung dafür nicht braucht.

In der Umweltministerkonferenz hat er sich dafür eingesetzt, dass die Bearbeitung des Themas durch die Bundesländer zusammen mit der Bundesregierung endlich Fahrt aufnehmen kann. Bisher war es schwierig, Einigkeit im Bund herzustellen, weil es in einigen Bundesländern noch keine Wolfsproblematik gab oder auch gibt. Einigkeit braucht es aber, um eine Änderung auf EU-Ebene anzugehen.

Wir sind jetzt an einem Wendepunkt angekommen, weil auch andere Bundesländer zusehends vor Probleme wie in Niedersachsen und Brandenburg gestellt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie fragen, warum wir heute noch kein regionales Bestandsmanagement haben, ja, und Sie skandalisieren nahezu, dass die Landesregierung nicht einfach daherkommt und, wo nur möglich, nach aufgetretenen Rissen schnell Abschussgenehmigungen für ganze Rudel erteilt und wolfsfreie Zonen proklamiert. Warum das nicht gemacht werden kann, wissen Sie doch ganz genau.

Wenn ich daran erinnern darf: Es gab bis Oktober 2022 eine rot-schwarze Koalition, die unter denselben rot-schwarzen europarechtlichen Rahmenbedingungen gearbeitet hat, wie es heute unser Umweltminister tut.

Neben allen Hebeln der Einflussnahme auf den Bund, die wir über das Land bereits ziehen ‑ dazu gehört, nebenbei gesagt, auch das umfassende, vorbildhafte niedersächsische Wolfsmonitoring ‑, braucht es auch breite Informationen über die Zusammenarbeit der Umweltministerien von Bund und Ländern. Wie läuft das Verhandlungsverfahren mit der EU? Wie ist die Zeitschiene aufgestellt? Und wann können wir konkret Änderungen von der EU erwarten?

Parallel müssen wir auch darüber sprechen, um auch keine falschen Erwartungen zu wecken, ob die Wolfspolitik unserer europäischen Nachbarn wie Schweden, Frankreich oder Österreich rechtmäßig ist und ob sie Vorbilder für Deutschland sein könnten, obwohl Klageverfahren der EU dazu laufen. Die Antworten dazu müssen wir der Öffentlichkeit vermitteln.

Denn eines ist klar: Wir wollen eine Veränderung und Erleichterung der Entnahmen durch ein regionales Wolfsmanagement. Wir wollen die Veränderung für den Erhalt der Weidetierhaltung und besonders für den Deichschutz. Aber die vermeintlich einfachen Lösungen, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nicht müde werden zu suggerieren, gibt es nicht.

Ich kann mich nur wiederholen und Sie wie schon im Februar-Plenum darum bitten, nicht mit den Emotionen der Tierhaltenden zu spielen und absurde Versprechungen zu machen. Das bringt uns nicht voran, das schürt Politikverdrossenheit, sehr geehrter Kollege Mohrmann.

Vielen Dank.“